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Unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch das Finanzamt
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 12.07.2022 – VIII R 8/19 entschieden, dass eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung als sog. Flankenschutzprüfer zur Überprüfung der Angaben der Steuerpflichtigen zu einem häuslichen Arbeitszimmer rechtswidrig ist, wenn die Steuerpflichtige bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt.
Eine selbständige Unternehmensberaterin machte in ihrer Einkommensteuererklärung erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Auf Nachfrage des Finanzamts (FA) reichte sie eine Skizze der Wohnung ein, die der Sachbearbeiter des FA aber für klärungsbedürftig hielt. Er bat den Flankenschutzprüfer um Besichtigung der Wohnung. Dieser erschien unangekündigt an der Wohnungstür der Steuerpflichtigen, wies sich als Steuerfahnder aus und betrat unter Hinweis auf die Überprüfung im Besteuerungsverfahren die Wohnung. Die Steuerpflichtige hat der Besichtigung nicht widersprochen.
Der BFH urteilte, dass die Besichtigung rechtswidrig war. Zur Überprüfung der Angaben zum häuslichen Arbeitszimmers im Besteuerungsverfahren ist angesichts des in Art. 13 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verbürgten Schutzes der Unverletzlichkeit der Wohnung eine Besichtigung in der Wohnung eines mitwirkungsbereiten Steuerpflichtigen erst dann erforderlich, wenn die Unklarheiten durch weitere Auskünfte oder andere Beweismittel (z.B. Fotografien) nicht mehr sachgerecht aufgeklärt werden können. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerpflichtige – so wie im Streitfall – der Besichtigung zugestimmt hat und deshalb ein schwerer Grundrechtseingriff nicht vorliegt.
Wie der BFH weiter ausführte, war die Ermittlungsmaßnahme auch deshalb rechtswidrig, weil sie von einem Steuerfahnder und nicht von einem Mitarbeiter der Veranlagungsstelle durchgeführt wurde. Denn das persönliche Ansehen des Steuerpflichtigen kann dadurch gefährdet werden, dass zufällig anwesende Dritte (z.B. Besucher oder Nachbarn) glauben, dass beim Steuerpflichtigen strafrechtlich ermittelt wird.
Quelle: Bundesfinanzhof, VIII-R-8/19
Pressemitteilung vom 29.09.2022
Hannover, 30. September 2022
Joachim Siegmund
Steuerberater
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Kleidung von der Steuer absetzen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 16.03.2022 - VIII R 33/18 entschieden, dass ein Betriebsausgabenabzug für bürgerliche Kleidung auch dann ausscheidet, wenn diese bei der Berufsausübung getragen wird.
Die Kläger waren als selbständige Trauerredner tätig. Bei der Gewinnermittlung machten sie Aufwendungen u.a. für schwarze Anzüge, Blusen und Pullover als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt und das Finanzgericht (FG) lehnten die steuerliche Berücksichtigung dieser Aufwendungen ab.
Der BFH bestätigte, dass Aufwendungen für Kleidung als unverzichtbare Aufwendungen der Lebensführung nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG grundsätzlich nicht abziehbar sind. Sie sind nur dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn es sich um Aufwendungen für typische Berufskleidung i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG handelt. Schwarze Anzüge, Blusen und Pullover fallen nicht hierunter, da es sich um bürgerliche Kleidung handelt, die auch privat getragen werden kann. Für diese ist kein Betriebsausgabenabzug zu gewähren, selbst wenn die Kleidung ausschließlich bei der Berufsausübung benutzt oder das Tragen von schwarzer Kleidung von den Trauernden erwartet wird.
Quelle: BFH-Urteil vom 16.03.2022 – Az.: VIII R 33/18
Der Beitrag ist nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. Aufgrund der teilweise verkürzten Darstellungen und der individuellen Besonderheiten jedes Einzelfalls können und sollen die Ausführungen zudem keine persönliche Beratung ersetzen.
Hannover, im September 2022
Joachim Siegmund
Steuerberater
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Deutscher Steuerberaterverband fordert mehr Entlastung für den Betrieb kleiner Photovoltaik-Anlagen
Der DStV setzt sich für eine stärkere steuerliche Entlastung beim Betrieb kleiner Photovoltaik-Anlagen ein. Er regt an, PV-Anlagen bis 30 kW/kWp ertragsteuerlich nicht zu besteuern. Ferner sollten die umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten weiter vereinfacht werden.
Die Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) auf dem eigenen Hausdach wird immer beliebter. Aber der Betrieb einer solchen Anlage ist mit einem gewissen bürokratischen Aufwand verbunden – auch steuerlicher Art. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat bereits letztes Jahr versucht, mit einem BMF-Schreiben für Entlastung zu sorgen. Betreiber kleiner PV-Anlagen von einer installierten Gesamtleistung von bis zu 10 kW/kWp können seither beantragen, dass diese Tätigkeit als Liebhaberei qualifiziert wird. Damit sind sie raus aus der Ertragsbesteuerung.
Aus Sicht des Deutschen Steuerberaterverbandes (DStV) wären hier noch weitere Entlastungen möglich. Er adressiert die Stellschrauben in seiner DStV-Stellungnahme S 13/22.
Anhebung der Leistungsgrenzen
PV-Anlagen leisten einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Stromerzeugung. Die aktuell begünstigte Leistungsgrenze von bis 10 kW/kWp kann in der Praxis jedoch dazu verleiten, über eine größere PV-Anlage gar nicht erst nachzudenken; und das, obwohl auf etlichen Dächern vieler Privathaushalte noch Platz wäre. Damit geht Potenzial zur nachhaltigen Energiegewinnung flöten. Insofern ist die von Christian Lindner, Bundesminister der Finanzen, bekundete Erwägung, die genannte Grenze auf 30 kW/kWp anzuheben, sehr zu begrüßen.
Der Bundesrechnungshof dürfte die Entlastung mangels gesetzlicher Grundlage jedoch kritisch beäugen. Insofern empfiehlt der DStV, die Erleichterung auf rechtssichere Füße zu stellen und die Fiktion der Liebhaberei gesetzlich zu normieren.
Umsatzsteuerliche Erleichterungen
Das größere Sorgenkind in diesem Zusammenhang ist die Umsatzsteuer. Die ertragsteuerliche Liebhabereifiktion spielt für die Umsatzsteuer keine Rolle. Zwar können Betreiber kleiner PV-Anlagen von der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen. Aber von Erklärungspflichten entlastet sind sie damit nicht: Es bleibt mindestens die Abgabe der jährlichen Umsatzsteuererklärung – inkl. der Aufzeichnungs- und Ermittlungspflichten. Dabei besteht aufgrund der aktuellen Einspeisevergütung überhaupt keine Gefahr, dass Betreiber kleiner PV-Anlagen die relevanten Umsatzgrenzen (22.000 Euro im Vorjahr bzw. 50.000 Euro im laufenden Jahr) sprengen.
So erzeugt eine 1 kWp PV-Anlage in Deutschland im Durchschnitt etwa 1.000 kWh; eine Anlage mit 10 kWp entsprechend 10.000 kWh. Bei einer Einspeisevergütung von 6,23 Cent pro kWh (Stand Juli 2022) ergäbe das gerade mal 623 Euro pro Jahr.
Deutschland sollte sich auf europäischer Ebene dringend für eine Möglichkeit einsetzen, auf die Erklärungspflichten in diesen Fällen zu verzichten. Ohne eine entsprechende Änderung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie wird eine Entlastung der Steuerpflichtigen allerdings schwer. Übergangsweise könnte der Gesetzgeber aber (gesetzlich) fingieren, dass Betreiber kleiner PV-Anlagen aufgrund der niedrigen Umsätze stets die Voraussetzungen der Kleinunternehmerregelung erfüllen. Die Einhaltung der Umsatzgrenzen müsste entsprechend nicht jährlich einzeln nachgewiesen werden. Dies könnte man zum Anlass nehmen, die Umsatzsteuerjahreserklärung weiter zu vereinfachen.
Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e. V.
Mitteilung vom 15. August 2022
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Hannover, im August 2022
Joachim Siegmund
Steuerberater
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FAQ-Katalog zur Energiepreispauschale veröffentlicht: Unterstützung für die Praxis
Das BMF hat FAQs zur Energiepreispauschale in einem umfangreichen Fragenkatalog bekannt gegeben. Der DStV begrüßt, dass seine Anregungen und Praxishinweise berücksichtigt wurden.
Jüngst hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den FAQ-Katalog zur Energiepreispauschale auf seiner Homepage veröffentlicht. Weiterhin hat das BMF ein PDF-Dokument bereitgestellt (vgl. FAQs „Energiepreispauschale (EPP)“ Stand 20.07.2022).
Gute Hilfestellung für die Praxis
Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) begrüßt die zeitnahe Veröffentlichung sehr, da in der Praxis viele Fragen zur Umsetzung der Energiepreispauschale bestehen. Die vom DStV in seiner Stellungnahme S 10/22 an das BMF adressierten Praxishinweise wurden in den FAQs berücksichtigt. Insbesondere zu folgenden Punkten hat das BMF in dem Fragenkatalog sehr ausführlich und klarstellend geantwortet:
- Anspruchsberechtigte,
- Auszahlungsmodalitäten und Festsetzung im Veranlagungsverfahren,
- Minijob-Arbeitsverhältnisse,
- Steuer- und Sozialversicherungspflicht.
Nach Einschätzung des DStV erhalten die steuerberatende Praxis sowie die Steuerpflichtigen mit diesem Fragenkatalog eine gute Hilfestellung sowie Rechtsklarheit zu vielen bisher unklaren Aspekten.
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Hannover, im Juni 2022
Joachim Siegmund
Steuerberater
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Keine begünstigte Handwerkerleistung für die Erschließung einer öffentlichen Straße (BFH)
Update vom 07. Oktober 2021
Die Erschließung einer öffentlichen Straße steht nicht im räumlich-funktionalen Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen, der auf Grund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung zum Erschließungsbeitrag herangezogen wird ( BFH, Urteil v. 28.4.2020 - VI R 50/17; veröffentlicht am 7.10.2021, nachträglich zur Veröffentlichung bestimmt).
Hintergrund: Gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen um 20 %, höchstens um 1.200 €. Nach § 35a Abs. 5 Satz 2 EStG gilt die Ermäßigung nur für Arbeitskosten.
Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute und wurden für das Streitjahr (2015) einzeln zur Einkommensteuer veranlagt (§ 26a EStG ). Sie wohnen in ihrem Eigenheim in einer zunächst unbefestigten Sandstraße. Die Gemeinde ließ die Sandstraße ausbauen und beteiligte die Anwohner an den Erschließungskosten. Die Kläger mussten mehr als 3.000 € für den Ausbau der Straße vorauszahlen.
In ihren beim FA eingereichten Einkommensteuererklärungen für das Streitjahr machten die Kläger die Hälfte des Erschließungsbeitrags als geschätzten Lohnkostenanteil als Steuerermäßigung nach § 35a EStG geltend, und zwar gem. § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG jeder der Kläger die Hälfte hiervon.
Das Finanzamt lehnte dies ab. Die Einsprüche der Kläger blieben erfolglos. Die im Anschluss erhobenen Klagen wies das FG ab (FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 25.10.2017 - 3 K 3130/17).
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen:
· Da nach allgemeiner Meinung nicht erforderlich ist, dass der Leistungserbringer in die Handwerksrolle eingetragen ist, kann auch die öffentliche Hand steuerbegünstigte Handwerkerleistungen erbringen . Auf welcher Rechtsgrundlage die öffentliche Hand die Kosten (z. B. Heranziehungsbescheid, öffentlich-rechtlicher Vertrag) erhebt, ist insoweit ebenso unerheblich wie der Umstand, ob diese Leistung "eigenhändig" oder durch einen von ihr beauftragten bauausführenden Dritten erbracht wird. Denn auch insoweit nimmt der Steuerpflichtige eine - wenn auch durch eine juristische Person vermittelte - Handwerkerleistung in Anspruch.
· Die Handwerkerleistung muss ferner "in" einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden ( § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG). Dabei legt der erkennende Senat den Begriff "im Haushalt" räumlich-funktional aus (zuletzt BFH, Urteil v. 21.2.2018 - VI R 18/16, Rz. 14, m.w.N.).
· Deshalb werden die Grenzen des Haushalts i. S. des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG nicht ausnahmslos - unabhängig von den Eigentumsverhältnissen - durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt (BFH, Urteil v. 20.3.2014 - VI R 55/12 ). Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen . Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird.
· Die Arbeiten an der Straße sind - im Gegensatz zu solchen an einer individuellen Grundstückszufahrt ab der Abzweigung von der eigentlichen Straße - nicht grundstücks- und damit nicht haushaltsbezogen.
· Der Ausbau einer Straße kommt nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern allen Nutzern zugute. Dass der Straßenbau auch für den einzelnen Grundstückseigentümer "wirtschaftlich vorteilhaft" ist, ist insoweit unerheblich.
· Die Abrechnung anhand der Grundstücksfläche und einem Nutzungsfaktor ändert an der fehlenden räumlich-funktionalen Beziehung zum Haushalt nichts. Dies dient lediglich der Verteilung der nach Abzug des Gemeindeanteils verbleibenden Gesamtkosten auf die Beitragspflichtigen und führt insbesondere nicht dazu, dass der einzelne Anlieger für das vor seinem Grundstück verlaufende Straßenstück zahlt.
Quelle: BFH, Urteil v. 28.4.2020 - VI R 50/17
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Grundsteuerreform 2022: Stichtag für den Stand der Angaben 01.01.2022
Zum 01.01.2025 wird auf Grund der Grundsteuerreform die neue Grundsteuer in Kraft treten. Die Einheitswerte werden als bisherige Berechnungsgrundlage der Grundsteuer ihre Gültigkeit verlieren. An deren Stelle tritt dann in den Bundesländern, die keine abweichenden Regelungen getroffen haben, der Grundsteuerwert.
Hinweis
Der Gesetzgeber hat ein sog. Bundesmodell erlassen, nach dem der Wert des Grundstücks maßgeblich ist. Dieser Vorgabe haben sich aber nur die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen angeschlossen.
Die übrigen Bundesländer haben eigene abweichende Gesetze erlassen. So zählt ab 2025 in Bayern für die Berechnung nur die Fläche des Grundstücks und der Gebäude, nicht mehr die Lage. Der Wert des Grundstücks und der Immobilien darauf spielt keine Rolle.
Die Finanzverwaltung wird in diesem Jahr eine Vielzahl neuer Daten abfragen, die von Grundstückseigentümern vorzulegen sind. Stichtag für die Grundstückseigentümer für den Stand der Angaben ist der 01.01.2022. Zu diesem Stichtag müssen Grundstückseigentümer jedoch zunächst nichts unternehmen. Sie werden Ende März 2022 mit öffentlicher Bekanntmachung weiter informiert.
Die Grundstückseigentümer haben sich damit zu beschäftigen, welche Grundstücksart vorliegt, wie groß die Grundstücksfläche ist, wie sich der zutreffende Bodenrichtwert bemisst, wie viel Wohnfläche vorliegt, um welches Baujahr es sich handelt und wie sich die Miteigentumsanteile der Eigentumswohnung(en) in entsprechenden Wohnobjekten bemessen. Teilweise sind die geforderten Angaben nicht so einfach zu ermitteln. Erschwerend kommt hinzu, dass die Finanzverwaltung aktuell davon ausgeht, dass die Daten bis zum 31.10.2022 in Erklärungsform (sog. Feststellungserklärung) beim Finanzamt einzugehen haben.
Die Vorgabe der Finanzverwaltung im Zuge der durchzuführenden Grundsteuerreform 2022 bedeutet, dass in den kommenden Monaten rund 36 Millionen Immobilien, darunter 24 Millionen Wohnimmobilien, neu bewertet werden müssen. Bemerkenswert bei der Zeitvorgabe ist der Umstand, dass die Einreichung der Erklärung - elektronisch (Elster-Portal) -, erst ab dem 01.07.2022 möglich sein soll, dafür jedoch aktuell noch keine Erklärungsvordrucke existieren.
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Der Beitrag ist nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. Aufgrund der teilweise verkürzten Darstellungen und der individuellen Besonderheiten jedes Einzelfalls können und sollen die Ausführungen zudem keine persönliche Beratung ersetzen.
Hannover, im Februar 2022
Joachim Siegmund
Steuerberater
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Abgrenzung zwischen Sachbezug und Barlohn
Sachbezüge können weiter bis zu 44 € - ab 2022 bis zu 50 € - monatlich steuerfrei ausgezahlt werden. Es gibt jedoch erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Barlohn und Sachbezug – insbesondere bei Geschenkgutscheinen. Dazu dient das nachfolgende Schreiben des Bundesfinanzministeriums:
Bundesministerium der Finanzen, IV C 5 - S-2334 / 19 / 10007 :002
Schreiben (koordinierter Ländererlass) vom 13.04.2021
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gelten für die Anwendung der Regelungen des § 8 Absatz 1 Satz 2 und 3 und Absatz 2 Satz 11 zweiter Halbsatz EStG in der Fassung des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BGBl. I Seite 2451) unter Berücksichtigung der Bundestags-Drucksache 19/25160 Seite 138 sowie für die Anwendung der Urteile des BFH vom 7. Juni 2018 - VI R 13/16 - (BStBl 2019 II S. 371) und vom 4. Juli 2018 - VI R 16/17 - (BStBl 2019 II S. 373) zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug die folgenden Grundsätze:
1. Überblick über die neuen Regelungen
Rz. 1
In § 8 Absatz 1 Satz 2 EStG ist durch die neue Definition „Zu den Einnahmen in Geld gehören“ nun gesetzlich festgeschrieben, dass zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, grundsätzlich keine Sachbezüge, sondern Geldleistungen sind.
Rz. 2
Die BFH-Urteile vom 11. November 2010 (BStBl 2011 II S. 383, 386 und 389) sowie vom 7. Juni 2018 (a.a.O.) und vom 4. Juli 2018 (a.a.O.) sind insoweit durch die gesetzlichen Regelungen überholt.
Rz. 3
In § 8 Absatz 1 Satz 3 EStG werden bestimmte zweckgebundene Gutscheine (einschließlich entsprechender Gutscheinkarten, digitaler Gutscheine, Gutscheincodes oder Gutscheinapplikationen/-Apps) oder entsprechende Geldkarten (einschließlich Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Karten) hingegen als Sachbezug gesetzlich definiert.
Voraussetzung ist, dass die Gutscheine oder Geldkarten ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen (zur Abgrenzung vgl. Rdnr. 24) und zudem ab dem 1. Januar 2022 die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllen (vgl. Rdnr. 30). Von einer solchen Berechtigung zum ausschließlichen Bezug von Waren oder Dienstleistungen ist insbesondere nicht auszugehen, wenn der Arbeitnehmer (z. B. aufgrund eines vom Arbeitgeber selbst ausgestellten Gutscheins) zunächst in Vorleistung tritt und der Arbeitgeber ihm die Kosten im Nachhinein erstattet. In diesen Fällen handelt es sich um eine Geldleistung in Form einer nachträglichen Kostenerstattung (vgl. Rdnr. 20 und 21).
Bei den vom Arbeitgeber getragenen Gebühren für die Bereitstellung (z. B. Setup-Gebühr) und Aufladung von Gutscheinen und Geldkarten handelt es sich nicht um einen zusätzlichen geldwerten Vorteil, sondern um eine notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen des Arbeitgebers und damit nicht um Arbeitslohn des Arbeitnehmers.
Rz. 4
Die 44-Euro-Freigrenze (ab dem 1. Januar 2022 50-Euro-Freigrenze) ist bei Gutscheinen und Geldkarten im Sinne der Rdnr. 3 nur dann anwendbar, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (§ 8 Absatz 2 Satz 11 zweiter Halbsatz i. V. m. § 8 Absatz 4 EStG). Der steuerliche Vorteil ist damit insbesondere im Rahmen von Gehaltsverzicht oder -umwandlungen ausgeschlossen.
2. Sachbezug im Sinne des § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Absatz 1 Satz 3 EStG
Rz. 5
Sachbezüge im Sinne des § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ein Sachbezug im Sinne des § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer anstelle des Sachbezugs auch eine Geldleistung verlangen kann, selbst wenn der Arbeitgeber die Sache zuwendet (BFH-Urteil vom 4. Juli 2018, a.a.O., Rz. 16).
Unter diesen Voraussetzungen ist Sachbezug im Sinne des § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Absatz 1 Satz 3 EStG u. a.:
Rz. 6
– die Gewährung von Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherungsschutz bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitgeber (BFH-Urteil vom 7. Juni 2018, a.a.O.),
Rz. 7
– die Gewährung von Unfallversicherungsschutz, soweit bei Abschluss einer freiwilligen Unfallversicherung durch den Arbeitgeber der Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann, sofern die Beiträge nicht nach § 40b Absatz 3 EStG pauschal besteuert werden. Tz. 2.2.1 des BMF-Schreibens vom 28. Oktober 2009 (BStBl 2009 I S. 1275) ist insoweit überholt (siehe auch Rdnr. 29, letzter Satz). § 37b Absatz 2 EStG ist anwendbar,
Rz. 8
– die Gewährung von Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstäglichen Zuschüssen zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken); die Richtlinienregelung des R 8.1 Absatz 7 Nummer 4 LStR 2015 und die Regelungen des BMF-Schreibens vom 18. Januar 2019 (BStBl 2019 I S. 66) bleiben unberührt (§ 8 Absatz 2 Satz 10 EStG), vgl. auch Rdnr. 16,
Rz. 9
– die Gewährung von Gutscheinen oder Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen (zur Abgrenzung vgl. Rdnr. 24) und zudem ab dem 1. Januar 2022 (vgl. Rdnr. 30) unter lohn- und einkommensteuerlicher Auslegung die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 Buchstabe a ZAG erfüllen:
a. Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins aus seiner eigenen Produktpalette zu beziehen (BFH-Urteil vom 4. Juli 2018, a.a.O., Rz. 30); der Sitz des Ausstellers sowie dessen Produktpalette sind insoweit nicht auf das Inland beschränkt oder
b. Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die berechtigen, ausschließlich Waren oder Dienstleistungen aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland zu beziehen (zur Abgrenzung siehe Rdnr. 23),
Rz. 10
Ein begrenzter Kreis von Akzeptanzstellen im Sinne der Rdnr. 9 Buchstabe b gilt für lohn- und einkommensteuerliche Zwecke als erfüllt:
a. bei städtischen Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden im Inland,
b. bei Einkaufs- und Dienstleistungsverbünden, die sich auf eine bestimmte inländische Region (z. B. mehrere benachbarte Städte und Gemeinden im ländlichen Raum) erstrecken oder
c. aus Vereinfachungsgründen bei von einer bestimmten Ladenkette (einem bestimmten Aussteller) ausgegebene Kundenkarten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Geschäften im Inland oder im Internetshop dieser Ladenkette mit einheitlichem Marktauftritt (z. B. ein Symbol, eine Marke, ein Logo); die Art des Betriebs (z. B. eigene Geschäfte, im Genossenschafts- oder Konzernverbund, über Agenturen oder Franchisenehmer) ist unerheblich.
Rz. 11
Beispiele zu Rdnr. 9 und 10
· wiederaufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel,
· Shop-in-shop-Lösungen mit Hauskarte,
· Tankgutscheine oder -karten eines einzelnen Tankstellenbetreibers zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in seiner Tankstelle,
· von einer bestimmten Tankstellenkette (einem bestimmten Aussteller) ausgegebene Tankgutscheine oder -karten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Tankstellen mit einheitlichem Marktauftritt (z. B. ein Symbol, eine Marke, ein Logo); die Art des Betriebs (z. B. eigene Geschäfte, im Genossenschafts- oder Konzernverbund, über Agenturen oder Franchisenehmer) ist unerheblich,
· ein vom Arbeitgeber selbst ausgestellter Gutschein (z. B. Tankgutschein, hierzu zählt auch eine Berechtigung zum Tanken), wenn die Akzeptanzstellen (z. B. Tankstelle oder Tankstellenkette) aufgrund des Akzeptanzvertrags (z. B. Rahmenvertrag) unmittelbar mit dem Arbeitgeber abrechnen,
· Karten eines Online-Händlers, die nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen aus seiner eigenen Produktpalette (Verkauf und Versand durch den Online-Händler) berechtigen, nicht jedoch, wenn sie auch für Produkte von Fremdanbietern (z. B. Marketplace) einlösbar sind,
· Centergutscheine oder Kundenkarten von Shopping-Centern, Malls und Outlet-Villages,
· City-Cards“, Stadtgutscheine
Rz. 12
– die Gewährung von Gutscheinen oder Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen (zur Abgrenzung vgl. Rdnr. 24) und zudem ab dem 1. Januar 2022 (vgl. Rdnr. 30) unter lohn- und einkommensteuerlicher Auslegung die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 Buchstabe b ZAG erfüllen:
Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die nur berechtigen, Waren oder Dienstleistungen ausschließlich aus einer sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette zu beziehen; auf die Anzahl der Akzeptanzstellen und den Bezug im Inland kommt es deshalb hier nicht an,
Rz. 13
Beispiele zu Rdnr. 12
Gutscheine oder Geldkarten begrenzt auf
· den Personennah- und Fernverkehr (z. B. für Fahrberechtigungen, Zugrestaurant, Park&Ride-Parkgelegenheiten) einschließlich bestimmter Mobilitätsdienstleistungen (z. B. die Nutzung von (Elektro-)Fahrrädern, Car-Sharing, E-Scootern),
· Kraftstoff, Ladestrom etc. („Alles, was das Auto bewegt“),
· Fitnessleistungen (z. B. für den Besuch der Trainingsstätten und zum Bezug der dort angebotenen Waren oder Dienstleistungen),
· Streamingdienste für Film und Musik,
· Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich Downloads,
· Bücher, auch als Hörbücher oder Dateien, einschließlich Downloads,
· die Behandlung der Person in Form von Hautpflege, Make-up, Frisur und dergleichen (sog. Beautykarten),
· Bekleidung inkl. Schuhe nebst Accessoires wie z. B. Taschen, Schmuck, Kosmetika, Düfte (sog. Waren, die der Erscheinung einer Person dienen)
Rz. 14
– die Gewährung von Gutscheinen oder Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen (zur Abgrenzung vgl. Rdnr. 24) und zudem ab dem 1. Januar 2022 (vgl. Rdnr. 30) unter lohn- und einkommensteuerlicher Auslegung die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 Buchstabe c ZAG erfüllen:
Gutscheine oder Geldkarten, unabhängig von einer Betragsangabe, die nur berechtigen, aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen Waren oder Dienstleistungen ausschließlich für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke im Inland zu beziehen (Zweckkarte); auf die Anzahl der Akzeptanzstellen kommt es nicht an.
Rz. 15
Nicht um eine Zweckkarte im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 10 Buchstabe c ZAG handelt es sich bei Gutscheinen oder Geldkarten, wenn deren Einsatzbereich für sich genommen nicht mehr hinreichend bestimmt eingegrenzt ist. Ein „begünstigter“ sozialer oder steuerlicher Zweck in diesem Sinne ist daher insbesondere nicht die Inanspruchnahme der 44-Euro-Freigrenze (ab dem 1. Januar 2022 50-Euro-Freigrenze), der Richtlinienregelung des R 19.6 LStR (Aufmerksamkeiten) oder der Pauschalversteuerung nach § 37b EStG an sich.
Rz. 16
Beispiele zu Rdnr. 14
· Verzehrkarten in einer sozialen Einrichtung, Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken),
· Behandlungskarten für ärztliche Leistungen oder Reha-Maßnahmen,
· Karten für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen (einschließlich betrieblicher Gesundheitsleistungen des Arbeitgebers im Sinne des § 3 Nummer 34 EStG)
Rz. 17
Ein Abschlag von 4 % nach R 8.1 Absatz 2 Satz 3 LStR ist nicht vorzunehmen, wenn ein Gutschein oder eine Geldkarte über einen in Euro lautenden Höchstbetrag hingegeben wird (R 8.1 Absatz 2 Satz 4 LStR).
3. Geldleistung im Sinne des § 8 Absatz 1 Satz 1 und 2 EStG
Kein Sachbezug, sondern Geldleistung im Sinne des § 8 Absatz 1 Satz 1 und 2 EStG ist u.a.:
Rz. 18
– eine Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitnehmer, wenn die Zahlung des Arbeitgebers mit der Auflage verbunden ist, dass der Arbeitnehmer mit einem vom Arbeitgeber benannten Unternehmen einen Versicherungsvertrag schließt (BFH-Urteil vom 4. Juli 2018, a.a.O.),
Rz. 19
– ein im Inland gültiges gesetzliches Zahlungsmittel oder Zahlungen in einer gängigen, frei konvertiblen und im Inland handelbaren ausländischen Währung; dies gilt nicht für Zahlungsmittel (z. B. Sonderprägungen), wenn der übliche Endpreis am Abgabeort im Sinne des § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG vom Nennwert abweicht,
Rz. 20
– eine Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer anstelle der geschuldeten Ware oder Dienstleistung (zweckgebundene Geldleistungen und nachträgliche Kostenerstattungen); R 8.2 Absatz 1 Satz 4 LStR bleibt unberührt,
Rz. 21
Die Steuerbefreiung des § 3 Nummer 50 EStG für Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder) und für Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz), bleibt hiervon unberührt. Besteht ein eigenes Interesse des Arbeitnehmers an den bezogenen Waren oder Dienstleistungen, liegen kein steuerfreier Auslagenersatz und auch keine durchlaufenden Gelder im Sinne des § 3 Nummer 50 EStG vor (R 3.50 Absatz 1 Satz 3 LStR); von einem eigenen Interesse des Arbeitnehmers an den bezogenen Waren oder Dienstleistungen ist auszugehen, wenn die Waren oder Dienstleistungen für den privaten Gebrauch des Arbeitnehmers bestimmt sind.
Rz. 22
Beispiele zu Rdnr. 20
Arbeitnehmer A hat gegenüber seinem Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn einen Anspruch auf Übereignung eines Fahrrads im Wert von 800 Euro.
a. A erhält von seinem Arbeitgeber anstelle des geschuldeten Fahrrads einen Betrag von 800 Euro für den entsprechenden Erwerb.
Die arbeitsvertragliche Zweckbestimmung führt nicht zur Annahme eines Sachbezugs. Es handelt sich um eine zweckgebundene Geldleistung. § 37b EStG ist nicht anwendbar.
b. A erwirbt das Fahrrad und erhält von seinem Arbeitgeber nach Vorlage seines Kaufbelegs den Betrag von 800 Euro erstattet.
Die arbeitsvertragliche Zweckbestimmung führt nicht zur Annahme eines Sachbezugs. Es handelt sich um eine nachträgliche Kostenerstattung. § 37b EStG ist nicht anwendbar.
Rz. 23
– ab dem 1. Januar 2022 (vgl. Rdnr. 30) die Gewährung von Gutscheinen oder Geldkarten, die unter lohn- und einkommensteuerlicher Auslegung die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 ZAG (vgl. Rdnrn. 9 bis 16) nicht erfüllen:
Geldsurrogate, wie insbesondere die Gewährung von Geldkarten oder Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Kreditkarten mit überregionaler Akzeptanz ohne Einschränkungen hinsichtlich der Produktpalette, die im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können (BFH-Urteil vom 4. Juli 2018, a.a.O., Rz. 31). Allein die Begrenzung der Anwendbarkeit von Gutscheinen oder Geldkarten auf das Inland ist für die Annahme eines Sachbezugs nicht ausreichend.
Rz. 24
– die Gewährung von Gutscheinen oder Geldkarten, die nicht ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen. Stets als Geldleistung zu behandeln sind daher insbesondere Gutscheine oder Geldkarten, die
a. über eine Barauszahlungsfunktion verfügen; es ist nicht zu beanstanden, wenn verbleibende Restguthaben bis zu einem Euro ausgezahlt werden können,
b. über eine eigene IBAN verfügen,
c. für Überweisungen (z. B. PayPal) verwendet werden können,
d. für den Erwerb von Devisen (z. B. Pfund, US-Dollar, Schweizer Franken) verwendet werden können oder
e. als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können.
Rz. 25
Beispiele zu Rdnr. 23
Arbeitnehmer A erhält im Januar 2022 von seinem Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn eine Prepaid-Kreditkarte, die monatlich mit 50 Euro aufgeladen wird und mit der er bei über 30 Mio. Akzeptanzstellen weltweit Waren einkaufen kann. Auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ist A aber nur der Erwerb von Kraftstoff für seinen Privatwagen erlaubt.
Die Voraussetzungen der Rdnrn. 9 bis 16 sind nicht erfüllt. Bei der Prepaid-Kreditkarte handelt es sich um ein Geldsurrogat im Sinne des § 8 Absatz 1 Satz 2 EStG. Die arbeitsvertragliche Zweckbestimmung führt nicht zur Annahme eines Sachbezugs. Es handelt sich um eine Geldleistung. Die 50-Euro-Freigrenze ist nicht anwendbar.
Abwandlung
Auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ist A nur der Erwerb von Kraftstoff für seinen Dienstwagen erlaubt.
Es handelt sich nicht um einen Sachbezug, sondern um eine zweckgebundene Geldleistung, die nach § 3 Nummer 50 EStG steuerfrei ist.
4. Allgemeine lohn- und einkommensteuerliche Regelungen zu Gutscheinen oder Geldkarten
Rz. 26
Der Zufluss des Sachbezugs erfolgt bei einem Gutschein oder einer Geldkarte, die bei einem Dritten einzulösen sind, im Zeitpunkt der Hingabe und bei Geldkarten frühestens im Zeitpunkt der Aufladung des Guthabens, weil der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt einen Rechtsanspruch gegenüber dem Dritten erhält (§ 38 Absatz 2 Satz 2 EStG, R 38.2 Absatz 3 Satz 1 LStR). Der Zufluss des Sachbezugs erfolgt bei einem Gutschein oder einer Geldkarte, die beim Arbeitgeber einzulösen sind, im Zeitpunkt der Einlösung (§ 38 Absatz 2 Satz 2 EStG, R 38.2 Absatz 3 Satz 2 LStR). Die funktionale Begrenzung der Gutscheine und Geldkarten ist in geeigneter Weise durch technische Vorkehrungen und in den zur Verwendung kommenden Vertragsvereinbarungen sicherzustellen.
Rz. 27
Die konkrete aufsichtsrechtliche Einordnung einer Geldkarte als Zahlungsdienst oder eine Bescheinigung über die aufsichtsrechtliche Erfüllung der Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 ZAG durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) ist für die Finanzverwaltung nicht bindend (Gesetz zur weiteren Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften - Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, Bundestags-Drucksache 19/14909 Seite 10).
Rz. 28
Die Regelungen dieses BMF-Schreibens gelten nur für die lohn- und einkommensteuerliche Auslegung der Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 ZAG. Die diesbezüglichen aufsichtsrechtlichen Regelungen bleiben hiervon unberührt.
5. Anwendung der 44-Euro-Freigrenze im Sinne des § 8 Absatz 2 Satz 11 EStG bei Unfallversicherungen und betrieblicher Altersversorgung
Rz. 29
Bei pauschalierungsfähigen Beiträgen für eine Unfallversicherung der Arbeitnehmer im Sinne des § 40b Absatz 3 EStG scheidet die Anwendung der 44-Euro-Freigrenze (ab dem 1. Januar 2022 50-Euro-Freigrenze) aus (BFH-Urteil vom 26. November 2002, BStBl 2003 II S. 492).
Im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung führen laufende Beiträge und Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 EStG). Diese spezialgesetzliche Regelung schließt eine Bewertung der entsprechenden Beiträge und Zuwendungen nach § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG aus (vgl. auch BFH-Urteil vom 7. Juni 2018, a.a.O., Rz. 23). Die 44-Euro-Freigrenze (ab dem 1. Januar 2022 50-Euro-Freigrenze) ist daher nicht anwendbar.
6. Anwendungszeitraum
Rz. 30
Die Grundsätze dieses Schreibens sind ab 1. Januar 2020 anzuwenden. Es ist jedoch - abweichend von § 8 Absatz 1 Satz 3 EStG - nicht zu beanstanden, wenn Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen (zur Abgrenzung vgl. Rdnr. 24), jedoch die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 ZAG (vgl. Rdnrn. 9 bis 16) nicht erfüllen, noch bis zum 31. Dezember 2021 als Sachbezug anerkannt werden.
Dieses Schreiben ersetzt das BMF-Schreiben vom 10. Oktober 2013 (BStBl 2013 I S. 1301) und wird im Bundessteuerblatt I veröffentlicht.
Normen:
EStG:8/1/2 EStG:8/1/3 EStG:8/2/11 EStG:8/4 ZAG:2/1/10a
Fundstellen:
DStR-2021-0866
DB-2021-0928
FR-2021-0501
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Häusliches Arbeitszimmer: Kein Veräußerungsgewinn
Gewinne aus Immobiliengeschäften sind grundsätzlich steuerpflichtig, sofern die Immobilie weniger als zehn Jahre gehalten wird. Oft für Streit sorgt jedoch die Ausnahme von dieser Regel, nach der dies nicht für selbst genutzte Wohnungen gilt, sodass solche Gewinne auch dann steuerfrei bleiben, wenn sie nach weniger als zehn Jahren realisiert werden.
Klarheit geschaffen hat nun der Bundesfinanzhof (BFH) in der Frage, wie ein häusliches Arbeitszimmer zu behandeln ist. Eine Lehrerin hatte Werbungskosten für ein Arbeitszimmer in ihrer 2012 erworbenen und 2017 wieder verkauften Eigentumswohnung geltend gemacht. Das Finanzamt ermittelte einen anteilig auf diesen Raum entfallenden Veräußerungsgewinn von 10.941 Euro und forderte Einkommensteuer. Dem widersprach die Lehrerin und erhielt vor dem Finanzgericht Köln recht. Diese Schlappe akzeptierte der Fiskus jedoch nicht und zog vor den BFH – und unterlag dort abermals. Laut höchstrichterlichem Spruch ist solch ein Arbeitszimmer von der Besteuerung ausgenommen: Die „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ umschreibe einen Lebenssachverhalt, der durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit sowie die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises gekennzeichnet sei. Bereits eine geringe Nutzung zu eigenen Wohnzwecken genüge, um typisierend davon auszugehen, ein häusliches Arbeitszimmer werde stets auch zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des Gesetzes genutzt (Az. IX R 27/19).
Quelle: Handelsblatt vom 07. September 2021
Alle Beiträge sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. Aufgrund der teilweise verkürzten Darstellungen und der individuellen Besonderheiten jedes Einzelfalls können und sollen die Ausführungen keine persönliche Beratung ersetzen.
Hannover, im September 2021
Joachim Siegmund
Steuerberater
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Berechnung Arbeitslohn bei Betriebsveranstaltung
Der gesetzliche Arbeitslohn kann sich für den Arbeitnehmer ändern, wenn ihm einmalige Zuwendungen zuteil werden. Es kann sich dabei um geldwerte Vorteile handeln, Sachbezüge oder einen Firmenwagen. Der Arbeitgeber hat sämtliche Zuwendungen bei der Berechnung der Lohnsteuer zu berücksichtigen. Am 29.4.2021 fällte der Bundesfinanzhof (BFH) ein Urteil über die korrekte Berücksichtigung einer Betriebsveranstaltung.
Ein Unternehmen plante eine Weihnachtsfeier, wofür die Arbeitnehmer sich anmelden mussten. Anhand der Zusagen wurde dafür entsprechend eingekauft. Einige der angemeldeten Teilnehmer sagten jedoch kurzfristig ab. Trotzdem berechnete das Unternehmen bei der Lohnsteueranmeldung die Höhe der Zuwendung anhand der angemeldeten Arbeitnehmer und nicht anhand der tatsächlich teilnehmenden.
Das sahen das Finanzamt und später auch der BFH anders. Der Ansatz der Zuwendungen ist anteilig auf die Teilnehmer und deren Begleitperson zu berechnen. Bei dem Wertansatz sind alle Aufwendungen zu berücksichtigen, welche mit der Veranstaltung in Zusammenhang stehen, unerheblich davon, ob die Arbeitnehmer dadurch einen Vorteil haben oder nicht. Anschließend sind diese Kosten gleichmäßig aufzuteilen.Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. Aufgrund der teilweise verkürzten Darstellungen und der individuellen Besonderheiten jedes Einzelfalls können und sollen die Ausführungen zudem keine persönliche Beratung ersetzen.
Hannover, im September 2021
Joachim Siegmund
Steuerberater
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Bewirtungskosten als Betriebsausgaben
Bewirtungsaufwendungen aus betrieblichem Anlass können unter weiteren Voraussetzungen zu 100 % als Betriebsausgaben angesetzt werden, während Bewirtungskosten aus geschäftlichem Anlass nur zu 70 % Betriebsausgaben darstellen. Zu den Bewirtungskosten, die zu 100 % abgezogen werden können, zählen z. B. Arbeitnehmerbewirtungen, die aus Anlass von außergewöhnlichen Arbeitseinsätzen durchgeführt werden, oder Warenverkostungen im Unternehmen.
Mit Schreiben vom 30.6.2021 aktualisiert die Finanzverwaltung die Erfordernisse zur steuerlichen Anerkennung von Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass in einem Bewirtungsbetrieb. So dient in der Regel ein formloses Dokument (Bewirtungsbeleg als Eigenbeleg) als Nachweis, das Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie die Höhe der Aufwendungen aufführt, um den Abzug von angemessenen Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben anerkennen zu lassen. Der Nachweis ist zudem vom Steuerpflichtigen zu unterschreiben.
Ist der Nachweis über eine Bewirtung in einem Bewirtungsbetrieb – z. B. in einer Gaststätte oder einem Restaurant – zu erbringen, ist für die steuerliche Anerkennung die Rechnung über die Bewirtung einzureichen. Die Rechnung muss maschinell erstellt und elektronisch aufgezeichnet sein sowie den Anforderungen des Umsatzsteuergesetzes entsprechen. Auf dem Eigenbeleg sind darüber hinaus der Anlass der Bewirtung und die Teilnehmer anzugeben.
Verwendet der Bewirtungsbetrieb – also das Restaurant oder die Gaststätte – ein elektronisches Aufzeichnungssystem mit Kassenfunktion, werden für den Betriebsausgabenabzug von Bewirtungsaufwendungen aus geschäftlichem Anlass nur maschinell erstellte, elektronisch aufgezeichnete und mit Hilfe einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) abgesicherte Rechnungen anerkannt. Der Bewirtungsbetrieb ist dann verpflichtet, mit dem elektronischen Aufzeichnungssystem mit Kassenfunktion Belege über die Geschäftsvorfälle zu erstellen.
Rechnungen in anderer Form, z. B. handschriftlich erstellte oder nur maschinell erstellte, erfüllen die Nachweisvoraussetzungen nicht; diese Bewirtungsaufwendungen werden vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen.
Übergangsregelung: Ein Betriebsausgabenabzug ist unabhängig von den geforderten Angaben für Belege zulässig, die bis zum 31.12.2022 ausgestellt werden. Führen die neuen Regelungen zur Einhaltung der geforderten Angaben zu erhöhten Anforderungen an die Nachweisführung, sind diese erst für Betriebsaufwendungen verpflichtend vorauszusetzen, die nach dem 1.7.2021 anfallen.Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. Aufgrund der teilweise verkürzten Darstellungen und der individuellen Besonderheiten jedes Einzelfalls können und sollen die Ausführungen zudem keine persönliche Beratung ersetzen.
Hannover, im September 2021
Joachim Siegmund
Steuerberater
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Klagen gegen Rentenbesteuerung abgewiesen
Der Bundesfinanzhof hat eine Klage wegen des Vorwurfs der Doppelbesteuerung von Renten zurückgewiesen. Die Regelung sei verfassungsgemäß, urteilte das höchste deutsche Steuergericht. Dennoch verlangt es Änderungen.
Rechtlicher Hintergrund:
Bis 2004 unterlagen Renten nur mit einem geringen Anteil (dem sog. „Ertragsanteil“) der Einkommensteuer. Dadurch zahlten Rentner, die neben ihrer Rente keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte hatten, in der Praxis keine Einkommensteuer. Pensionäre – also insbesondere ehemalige Beamte, aber auch Empfänger von Betriebspensionen – mussten ihre Altersbezüge hingegen voll versteuern. Das BVerfG hat in dieser Rechtslage eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung ge-sehen und den Gesetzgeber zu einer Neuregelung spätestens mit Wirkung ab 2005 verpflichtet (Urteil vom 06.03.2002 - 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73).
Diesem Auftrag ist der Gesetzgeber mit dem Alterseinkünftegesetz nachgekommen. Seit dem 01.01.2005 sind nicht nur Pensionen, sondern auch Rentenbezüge im Grundsatz voll einkommensteuerpflichtig (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG). Im Gegenzug können die Steuerpflichtigen aber ihre Altersvorsorgeaufwendungen – insbesondere ihre Rentenversicherungs-beiträge - als Sonderausgaben von der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage abziehen (nachgelagerte Besteuerung).
Eine sofortige volle Besteuerung der Renten war dem Gesetzgeber nicht möglich, weil die Rentner ihre bis 2004 geleisteten Beiträge nicht in vollem Umfang hatten einkommensteuerlich geltend machen können. Eine sofortige Steuerfreistellung sämtlicher Rentenversicherungsbeiträge erschien dem Gesetzgeber wegen des damit verbundenen Ausfalls an Steuereinnahmen unmöglich. Er hat daher sowohl für die Besteuerungsseite als auch für die Beitragsseite sehr langfristig wirkende Übergangsregelungen geschaffen. Diese sehen vor, dass bei Rentnern, die bis einschließlich 2005 in den Rentenbezug eingetreten sind, auf Dauer ein Betrag von 50 % ihrer damaligen Rente steuerfrei bleibt. Für Rentner, deren Rentenbezug später beginnt, vermindert sich der für den Freibetrag maßgebende Prozentsatz. So sind bei Rentnern, die im Jahr 2021 erstmals eine Rente beziehen, nur noch 19 % der Rente steuerfrei. Rentner, die ab 2040 in den Rentenbezug eintreten werden, müssen ihre gesamte Rente versteuern. Für die Beitragsseite sehen die Übergangsregelungen vor, dass im Jahr 2005 zunächst nur 60 % der Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben abgezogen werden konnten, im Jahr 2021 sind es 92 %. Ab dem Jahr 2025 werden sämtliche Altersvorsorgeaufwendungen ungekürzt als Sonderausgaben abziehbar sein.
Das BVerfG hat in seinem bereits erwähnten Rentenurteil hinsichtlich der vom Gesetzgeber zu treffenden Übergangsregelungen u.a. formuliert: „In jedem Fall sind die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird.“ In der steuerrechtlichen Literatur und in zahlreichen Verfahren vor den Finanzgerichten und dem BFH wird geltend gemacht, die gesetzliche Übergangsregelung führe in vielen Fallgruppen zu einer doppelten Besteuerung; dies sei verfassungswidrig. Daraufhin erging folgendes Urteil:
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 19.05.2021 - X R 33/19 erstmals genaue Berechnungsparameter für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Zwar hatte die Revision des Klägers – der eine seit dem Jahr 2007 laufende Rente mit entsprechend hohem Rentenfreibetrag bezieht – keinen Erfolg. Allerdings ergibt sich auf der Grundlage der Berechnungsvorgaben des BFH, dass spätere Rentnerjahrgänge von einer doppelten Besteuerung ihrer Renten betroffen sein dürften. Dies folgt daraus, dass der für jeden neuen Rentnerjahrgang geltende Rentenfreibetrag mit jedem Jahr kleiner wird. Er dürfte daher künftig rechnerisch in vielen Fällen nicht mehr ausreichen, um die aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Rentenversicherungsbeiträge zu kompensieren.
Im Streitfall war der Kläger während seiner aktiven Erwerbstätigkeit überwiegend selbständig als Steuerberater tätig. Auf seinen Antrag hin war er in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig. Er zahlte seine Rentenbeiträge größtenteils aus eigenem Einkommen. Dabei konnte er diese Aufwendungen nur begrenzt als Sonderausgaben abziehen, also nur zum Teil „steuerlich absetzen“. Seit 2007 erhält der Kläger eine Altersrente. Im vorliegenden Verfahren wandte er sich gegen deren Besteuerung im Jahr 2008. Das Finanzamt hatte – entsprechend der gesetzlichen Übergangsregelung – 46 % der ausgezahlten Rente als steuerfrei behandelt und die verbleibenden 54 % der Einkommensteuer unterworfen. Der Kläger hat eine eigene Berechnung vorgelegt, nach der er rechnerisch deutlich mehr als 46 % seiner Rentenversicherungsbeiträge aus seinem bereits versteuerten Einkommen geleistet hat. Nach seiner Auffassung liegt deshalb eine verfassungswidrige doppelte Besteuerung von Teilen seiner Rente vor. Das Finanzgericht sah dies anders und wies die Klage ab.
Auch der BFH ist der Auffassung des Klägers nicht gefolgt. Vielmehr hält er an seiner bisherigen, vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigten Rechtsprechung zur Rentenbesteuerung fest, nach der sowohl der mit dem Alterseinkünftegesetz eingeleitete Systemwechsel zur nachgelagerten Besteuerung von Altersbezügen als auch die gesetzlichen Übergangsregelungen im Grundsatz verfassungskonform sind. Klar ist danach aber auch, dass es im konkreten Einzelfall nicht zu einer doppelten Besteuerung von Renten kommen darf. Eine solche doppelte Besteuerung wird vermieden, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse (kurz: steuerfreier Rentenbezug) mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus dem bereits versteuerten Einkommen aufgebrachten Rentenversicherungsbeiträge. Der Auffassung der Kläger, nach der die zwischen der früheren Beitragszahlung und dem heutigen bzw. künftigen Rentenbezug eintretende Geldentwertung im Rahmen der Berechnung zu berücksichtigen sei, folgte der Senat nicht. Für eine solche Abweichung vom sog. Nominalwertprinzip sah er weder im Einkommensteuerrecht noch im Verfassungsrecht eine Grundlage. Infolgedessen können Wertsteigerungen der Renten - unabhängig davon, ob sie inflationsbedingt sind oder eine reale Erhöhung darstellen - besteuert werden.
Erstmals hat der X. Senat jetzt konkrete Berechnungsparameter für die Ermittlung einer etwaigen doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Dabei hat er klargestellt, dass zum steuerfreien Rentenbezug nicht nur die jährlichen Rentenfreibeträge des Rentenbeziehers, sondern auch die eines etwaig länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinterbliebenenrente zu rechnen sind.
Alle anderen Beträge, die die Finanzverwaltung ebenfalls als „steuerfreien Rentenbezug“ in die Vergleichsrechnung einbeziehen möchte, bleiben allerdings nach Auffassung des BFH unberücksichtigt. Sie dienen anderen – überwiegend verfassungsrechtlich gebotenen und daher für den Gesetzgeber nicht dispositiven – Zwecken und können daher nicht nochmals herangezogen werden, um eine doppelte Besteuerung von Renten rechnerisch zu vermeiden. Damit bleibt insbesondere auch der sog. Grundfreibetrag, der das steuerliche Existenzminimum jedes Steuerpflichtigen sichern soll, bei der Berechnung des „steuerfreien Rentenbezugs“ unberücksichtigt. Für die Ermittlung des aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Teils der Rentenversicherungsbeiträge hat der X. Senat ebenfalls konkrete Berechnungsparameter formuliert.
Bei Anwendung dieser Berechnungsgrundsätze konnte die Revision der Kläger keinen Erfolg haben. Angesichts des noch recht hohen Rentenfreibetrags von 46 % der Rentenbezüge des Klägers ergab sich keine doppelte Besteuerung. Diese zeichnet sich allerdings für spätere Rentnerjahrgänge, für die der Rentenfreibetrag nach der gesetzlichen Übergangsregelung immer weiter abgeschmolzen wird, ab. Denn auch diese Rentnerjahrgänge haben erhebliche Teile ihrer Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet.
Stand 31. Mai 2021
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Abzug von Erhaltungsaufwendungen nach Versterben des Steuerpflichtigen
Einnahmen und Werbungskosten, die im Rahmen der Vermietungstätigkeit anfallen, werden in dem Jahr des Zu- bzw. des Abflusses steuerlich wirksam. Eine Ausnahme bilden hier größere Erhaltungsaufwendungen, welche auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilt werden können. Nun wurde durch den Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, wie mit den ausstehenden Aufwendungen zu verfahren ist, wenn der Vermieter innerhalb des Verteilungszeitraums verstirbt.
In dem vom BFH am 10.11.2020 entschiedenen Fall besaß ein Steuerpflichtiger ein Grundstück, welches zu fremden Wohnzwecken vermietet wurde. In einem Jahr machte er hohe Erhaltungsaufwendungen geltend, die er auf mehrere Jahre verteilte. Noch bevor dieser Zeitraum um war, verstarb er. Die Ehefrau setzte die Erhaltungsaufwendungen in der verbliebenen Höhe in der letzten gemeinsamen Steuererklärung an. Das Finanzamt war dagegen der Auffassung, dass die Aufwendungen dem Verstorbenen nur für die Monate bis zum Todeszeitpunkt zustehen und danach nur noch von den Erben in Höhe des Restwerts weiter in der Steuererklärung angegeben werden dürfen.
Der BFH stimmte jedoch der Auffassung der Ehefrau zu. Der verbleibende Betrag der noch nicht berücksichtigten Erhaltungsaufwendungen ist im Jahr des Versterbens vollständig steuermindernd anzuerkennen. Die Erben haben keinen Anspruch auf die Berücksichtigung der Kosten in den Folgejahren. Das liegt daran, dass die Aufwendungen nur demjenigen zugerechnet werden dürfen, der diese zuvor auch getragen hat.
Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. Aufgrund der teilweise verkürzten Darstellungen und der individuellen Besonderheiten jedes Einzelfalls können und sollen die Ausführungen zudem keine persönliche Beratung ersetzen.
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Steuerlich günstige Firmenfitnessprogramme – auf die Vertragsdetails kommt es an –
Die 44 €-Freigrenze für Sachbezüge gilt auch, wenn Arbeitnehmer auf Kosten ihres Arbeitgebers an einem Firmenfitnessprogramm teilnehmen können, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 07.07.2020 – VI R 14/18 entschieden hat.
Der Arbeitgeber ermöglichte seinen Arbeitnehmern im Rahmen eines Firmenfitnessprogramms, in verschiedenen Fitnessstudios zu trainieren. Hierzu erwarb er jeweils einjährige Trainingslizenzen, für die monatlich jeweils 42,25 € zzgl. Umsatzsteuer zu zahlen waren. Die teilnehmenden Arbeitnehmer leisteten einen Eigenanteil von 16 € bzw. 20 €. Der Arbeitgeber ließ die Sachbezüge bei der Lohnbesteuerung außer Ansatz, da diese ausgehend von einem monatlichen Zufluss unter die 44 €-Freigrenze für Sachbezüge fielen. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, den Arbeitnehmern sei die Möglichkeit, für ein Jahr an dem Firmenfitnessprogramm teilzunehmen, "quasi in einer Summe" zugeflossen, weshalb die 44 €-Freigrenze überschritten sei. Es unterwarf die Aufwendungen für die Jahreslizenzen abzüglich der Eigenanteile der Arbeitnehmer dem Pauschsteuersatz von 30%. Dem schlossen sich jedoch weder das Finanzgericht noch der BFH an.
Der geldwerte Vorteil sei den teilnehmenden Arbeitnehmern als laufender Arbeitslohn monatlich zugeflossen. Der Arbeitgeber habe sein vertragliches Versprechen, den Arbeitnehmern die Nutzung der Fitnessstudios zu ermöglichen, unabhängig von seiner eigenen Vertragsbindung monatlich fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Trainingsmöglichkeit erfüllt. Unter Berücksichtigung der von den Arbeitnehmern geleisteten Eigenanteile sei daher die 44 €-Freigrenze eingehalten worden, so dass der geldwerte Vorteil aus der Teilnahme an dem Firmenfitnessprogramm nicht zu versteuern sei.
Anders ist es beim vergünstigten Erwerb einer Jahresnetzkarte (Jobticket) oder einer Fahrtberechtigung (BFH v. 26.09.2019, VI R 23/17, BStBl II 2020, 162, Rz 15 und 16). In diesen Fällen hat der Arbeitgeber in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitnehmer sein Bezugsrecht ausübt, seinen Anspruch auf den verbilligten Erwerb (vollständig) erfüllt. Damit ist der Arbeitslohn als sonstiger Bezug zugeflossen. Denn der Arbeitnehmer, der das Jobticket (vergünstigt) erworben hat, hat keine Ansprüche mehr gegen seinen Arbeitgeber, sondern nur noch gegenüber dem Verkehrsunternehmen. Durch die Aushändigung des Fahrscheins hat der Arbeitgeber sein (tarifvertraglich geregeltes) Leistungsversprechen erfüllt.
Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. Aufgrund der teilweise verkürzten Darstellungen und der individuellen Besonderheiten jedes Einzelfalls können und sollen die Ausführungen zudem keine persönliche Beratung ersetzen.
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Miete unter Verwandten muss angemessen sein
Nur ausnahmsweise können die Finanzämter auch den Mietpreis einer Vergleichswohnung nutzen.
Schwer zu finden sind in vielen Regionen bezahlbare Mietwohnungen. Das gilt nicht nur in den großen Städten, sondern oft auch in deren Umfeld. Glücklich schätzen können sich dabei diejenigen, die eine Wohnung bei Verwandten beziehen können. Und auch für die Vermieter kann solch eine Konstellation ideal sein - wissen sie auf diese Weise doch, wen sie als Mieter haben. Ein Fehlgriff, wie er mitunter bei der Auswahl unter fremden Interessenten passiert, bleibt ihnen damit erspart.
Allzu sehr bei der Miete entgegenkommen sollten sie ihrer Verwandtschaft jedoch nicht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie ihre Werbungskosten in Zusammenhang mit der vermieteten Wohnung vollständig steuerlich geltend machen wollen. In einem Fall, der dem Bundesfinanzhof zuletzt zur Entscheidung vorlag (Az. IX R 7/20), wollte das Finanzamt den angesetzten Betrag nur anteilig akzeptieren. Dabei hatte die Vermieterin ihrer Tochter eine Wohnung im ersten Obergeschoss für einen monatlichen Mietpreis von 300 Euro zuzüglich 70 Euro Nebenkosten vermietet. Die gleich große Wohnung in der darüberliegenden Etage kostete den Mieter dagegen 500 Euro im Monat plus eine Nebenkostenpauschale von 78 Euro.
Der zuständige Sachbearbeiter setzte den Mietzins für die fremdvermietete Wohnung mit der ortsüblichen Miete gleich. Da die Tochter somit weniger als 66 Prozent davon zahlte, berücksichtigte er die Werbungskosten der Vermieterin entsprechend nur anteilig. Deren Klage gegen diese Entscheidung wies das Thüringische Finanzgericht ab. Die Richter begründeten dies damit, dass die ortsübliche Miete nicht nur durch den Mietspiegel, sondern auch durch eine vergleichbare Wohnung ermittelt werden kann.
Mietspiegel entscheidend
Dieser Meinung hat der Bundesfinanzhof jedoch widersprochen. Demnach ist grundsätzlich der örtliche Mietspiegel maßgeblich für die Vergleichsmiete. Neben dem qualifizierten genügt auch der einfache Mietspiegel den Anforderungen. Nur ausnahmsweise können andere Werte wie zum Beispiel die Einschätzung eines Sachverständigen, eine Mietdatenbank oder auch einzelne vergleichbare Wohnungen herangezogen werden. Die Richter wiesen darauf hin, dass der Mietspiegel die nötige Preisspanne abbildet und alle relevanten Informationen unkompliziert zur Verfügung stellt. Daraus würde sich ein Widerspruch ergeben, wenn Mieten innerhalb dieses Preiskorridors daraufhin überprüft würden, ob sie im Einzelfall angemessen sind.
Nicht anwendbar wäre der örtliche Mietspiegel nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs nur in Ausnahmefällen. Ein solcher läge vor, wenn der Mietspiegel lediglich unregelmäßig angepasst oder sich auf eine mangelhafte Datenerhebung stützen würde. Auch Sonderobjekte, für die keine Kriterien definiert wurden, zählen zu den Ausnahmen.
Entspricht der ortsübliche Mietspiegel nicht den Anforderungen, kann das zuständige Finanzamt die Vergleichsmiete auf drei verschiedene Arten ermitteln. Eine Möglichkeit ist, ein Gutachten eines vereidigten Sachverständigen zu beauftragen. Außerdem kann die Behörde auf eine Mietdatenbank oder die Mietpreise vergleichbarer Wohnungen zugreifen. In letzterem Fall ist es jedoch wichtig, dass dafür drei Wohnungen konkret mit Adresse, Lage und Stockwerk benannt werden. Im vorliegenden Fall hat der Bundesfinanzhof das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und dem Finanzgericht aufgegeben, die zuvor unterlassene Aufklärung zur Sache nachzuholen. Heranzuziehen ist dafür der örtliche Mietspiegel. Bei Bedarf sind zudem Vergleichswohnungen zu ermitteln.
Vereinbarung der Miete
Bei einem Mietverhältnis unter Verwandten ist immer darauf zu achten, dass es einem Fremdvergleich standhält. Damit alle Vereinbarungen überprüfbar sind, sollten sie schriftlich festgehalten werden. Seit 2021 wurde die Aufteilungsgrenze in Bezug auf die Miethöhe jedoch herabgesetzt. Anders als im vom Bundesfinanzhof verhandelten Fall liegt die Grenze nicht mehr bei 66 Prozent, sondern bei 50 Prozent. Das heißt, die mit den Verwandten vereinbarte Miete muss mindestens 50 Prozent der ortsüblichen Miete betragen. Ist dies der Fall, können Vermieter Werbungskosten aus dem Objekt vollständig steuerlich geltend machen. Martina Schäfer
Quelle: Handelsblatt vom 09. Juni 2021
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Liebhabereiwahlrecht bei kleinen Photovoltaikanlagen & Blockheizkraftwerken
Das Bayerische Landesamt für Steuern hat zur ertragsteuerlichen Behandlung kleiner Photovoltaikanlagen und vergleichbarer Blockheizkraftwerke das nachfolgende Merkblatt herausgegeben.
Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung verweisen wir auf den Aufsatz "Photovoltaikanlagen im Umsatzsteuerrecht" auf unserer Homepage unter der Rubrik "Umsatzsteuer"
Merkblatt:
Liebhabereiwahlrecht bei kleinen Photovoltaikanlagen & Blockheizkraftwerke
Stand: Juni 2021
1. Allgemein
Wer mit einer Photovoltaikanlage oder einem Blockheizkraftwerk Strom erzeugt und ihn zumin-
dest teilweise gegen Entgelt in das öffentliche Netz einspeist, ist unternehmerisch im Sinne des
Umsatzsteuergesetzes tätig und erzielt grundsätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb, mit denen
er der Einkommensteuer unterliegt.
2. Einkommensteuer
Zu den Tatbestandsmerkmalen eines Gewerbebetriebs im Sinne des Einkommensteuerrechts
gehört die Gewinnerzielungsabsicht. D.h. der Steuerbürger muss mit seiner Tätigkeit auf Dauer
gesehen einen Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben anstreben. Maß-
gebend ist dabei die gesamte Lebensdauer des Betriebes von seiner Gründung bis zur Einstel-
lung bzw. zum Verkauf. Angesichts des langen Zeitraums und der verschiedenen Einflussfakto-
ren fällt die Prognose, ob die Anlage auf eine Gewinnerzielung ausgerichtet ist, nicht immer leicht.
Eine Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht wird steuerlich als "Liebhaberei" bezeichnet.
2.1. Wahlrecht
Das Bundesministerium der Finanzen hat mit seinem Schreiben vom 02. Juni 2021 (GZ. IV C 6
S 2240/19/10006 :006, DOK 2021/0627224) eine Vereinfachungsregelung für kleine Photovol-
taikanlagen bzw. vergleichbare Blockheizkraftwerke geschaffen. Danach unterstellt das Finanz-
amt ohne weitere Prüfung, dass ein einkommensteuerlich unbeachtlicher Liebhabereibetrieb
vorliegt, wenn der Betreiber schriftlich erklärt, dass er die Vereinfachungsregelung in Anspruch
nehmen möchte. Die Erklärung wirkt auch für die Folgejahre.
Wenn Sie die Vereinfachungsregelung nutzen, entfällt die ansonsten ggf. erforderliche, aufwän-
dige Prognoserechnung und Sie müssen – auch bei bereits bestehenden Anlagen – keine Ge-
winnermittlung mehr erstellen.
Ausführungen zur Umsatzsteuer und den dort geltenden Vereinfachungsregelungen finden Sie
unten im Punkt 3.
2.2. Voraussetzungen für das Wahlrecht
2.2.1 Photovoltaikanlagen
Photovoltaikanlagen sind bei einer Leistung von bis zu 10 kW begünstigt. Weitere Vorausset-
zung ist, dass die Anlage nach dem 31.12.2003 erstmalig in Betrieb genommen wurde und auf
einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten oder unentgeltlich überlassenen Ein- und Zweifami-
lienhausgrundstück einschließlich Außenanlagen installiert ist. Die Vereinfachungsregelung
können Sie auch dann in Anspruch nehmen, wenn Sie in der Immobilie ein häusliches Arbeits-
zimmer nutzen oder wenn Sie Räume (z.B. Gästezimmer) gelegentlich entgeltlich vermieten
und die Mieteinnahmen daraus nicht mehr als 520 Euro betragen.
2.2.2 Blockheizkraftwerke
Begünstigt sind vergleichbare Blockheizkraftwerke (BHKW) mit einer elektrischen Leistung von
bis zu 2,5 kW. Auch hier ist Voraussetzung, dass das BHKW erst nach dem 31.12.2003 erstma-
lig in Betrieb genommen wurde und auf einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten oder unent-
geltlich überlassenen Ein- und Zweifamilienhausgrundstück einschließlich Außenanlagen instal-
liert ist.
Bitte beachten Sie, dass sich das Wahlrecht auf die Anlage als solche bezieht. D.h. die oben
genannten Leistungsmerkmale gelten auch für Anlagen, die von mehreren Steuerbürgern ge-
meinsam betrieben werden.
2.3. Ausübung des Wahlrechts
Das Wahlrecht üben Sie durch eine schriftliche Erklärung gegenüber dem Finanzamt aus, die
folgendes zur Photovoltaikanlage bzw. dem Blockheizkraftwerk enthalten muss:
· Erklärung, dass Sie für die Anlage die Vereinfachungsregelung in Anspruch nehmen
· Leistung der Anlage
· Datum der erstmaligen Inbetriebnahme
· Installationsort
Die Erklärung ist im Übrigen formfrei. Sie kann daher auch elektronisch in MeinELSTER oder
per E-Mail an das Finanzamt übermittelt werden. Auf den Internetseiten der Finanzverwaltung
ist zudem eine Mustererklärung verfügbar (www.finanzamt.bayern.de unter der Rubrik > Steuer-
infos > Fotovoltaikanlagen oder > Photovoltaikanlagen).
2.4. Folgen der Wahlrechtsausübung
Wenn Sie die unter 2.3 beschriebene Erklärung abgeben unterstellt das Finanzamt, dass die
Anlage von Beginn an ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben wurde. Dem entsprechend wer-
den aus der Anlage weder Gewinne noch Verluste einkommensteuerlich berücksichtigt
· bei der aktuellen Veranlagung zur Einkommensteuer,
· in Vorjahren, soweit die Bescheide nach den Vorschriften des Verfahrensrechts noch geän-
dert werden können z.B., weil sie unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 oder
wegen der Gewinnerzielungsabsicht vorläufig gemäß § 165 der Abgabenordnung ergangen
sind oder weil sie mit Einspruch angefochten wurden,
· in den Folgejahren.
Eine Gewinnermittlung (Einnahmen- / Überschussrechnung oder Bilanz) müssen Sie nicht mehr
übermitteln.
Bitte beachten Sie, dass es zu Nachzahlungen für Vorjahre kommen kann, wenn die Steuerbe-
scheide verfahrensrechtlich geändert werden können (siehe oben) und aus der Photovoltaikan-
lage/dem Blockheizkraftwerk bisher Verluste berücksichtigt wurden; in diesem Fall können auch
Nachzahlungszinsen anfallen. In Vorjahren, deren Bescheide verfahrensrechtlich nicht mehr ge-
ändert werden können, verbleibt es bei der bisherigen steuerlichen Behandlung.
Die Vereinfachungsregelung hat zur Folge, dass diese kleinen Anlagen von Anfang an ohne
Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Da somit einkommensteuerrechtlich kein Gewerbe-
betrieb vorliegt, stellt die Photovoltaikanlage bzw. das Blockheizkraftwerk kein Betriebsvermö-
gen dar. Dem entsprechend ist kein Betriebsaufgabegewinn bzw. –verlust zu erfassen. Ebenso
wenig müssen eventuell vorhandene sog. stille Reserven ermittelt und festgestellt werden.
Fallen die in den Nummern 2.2.1 und 2.2.2 genannten Voraussetzungen für die Ausübung des
Wahlrechts zu einem späteren Zeitpunkt weg – zum Beispiel weil die Anlage vergrößert wurde –
müssen Sie dies dem zuständigen Finanzamt schriftlich mitteilen.
3. Umsatzsteuer
Für die Unternehmereigenschaft im Umsatzsteuerrecht kommt es darauf an, ob mit dem Betrieb
der Photovoltaikanlage bzw. des Blockheizkraftwerks Einnahmen erzielt werden sollen. Ob die
Anlage steuerlich mit Gewinn oder Verlust betrieben wird, ist dagegen unbeachtlich. Dem ent-
sprechend hat das unter 2. beschriebene Wahlrecht keinerlei Auswirkungen auf die Umsatz-
steuer.
3.1. Kleinunternehmerregelung nach § 19 Umsatzsteuergesetz (UStG)
Umsätze aus dem Betrieb einer PV-Anlage oder eines Blockheizkraftwerks unterliegen grund-
sätzlich der Umsatzsteuer. Allerdings enthält das Umsatzsteuergesetz in § 19 eine Vereinfa-
chungsregel für sog. Kleinunternehmer, zu denen regelmäßig auch Betreiber einer PV-Anlage
oder eines Blockheizkraftwerks gehören.
Sie sind Kleinunternehmer, wenn Ihre Umsätze im Gründungsjahr voraussichtlich nicht mehr als
22.000 € betragen werden. In den Folgejahren sind Sie Kleinunternehmer, wenn die Umsätze im
Vorjahr den Betrag von 22.000 € nicht überstiegen haben und im laufenden Jahr den Betrag von
50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen werden. Wird die unternehmerische Tätigkeit nur wäh-
rend eines Teils des Kalenderjahres ausgeübt, ist für die Ermittlung der vorstehend genannten
Umsatzgrenzen der tatsächliche Umsatz in einen Jahresumsatz umzurechnen (§ 19 Abs. 1 und
Abs. 3 UStG).
Kommt die Kleinunternehmerregelung zur Anwendung, wird die Umsatzsteuer nicht erhoben. Sie
müssen dann in der Regel auch keine Umsatzsteuervoranmeldungen übermitteln. Allerdings kön-
nen Sie in diesem Fall auch keine Vorsteuer geltend machen.
3.2. Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung
Möchten Sie von der Vereinfachung keinen Gebrauch machen – etwa um die Vorsteuer aus dem
Erwerb der PV-Anlage oder des Blockheizkraftwerks geltend machen zu können – können Sie
auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichten (§ 19 Abs. 2 UStG). Diese Option
bindet Sie für mindestens fünf Kalenderjahre. Danach kann die Option zur Regelbesteuerung nur
mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden (§ 19 Abs. 2 UStG).
4. Weitere Informationen
Das Schreiben des Bundesministeriums der 02. Juni 2021 (GZ IV C 6 S 2240/19/10006 :006,
DOK 2021/0627224) und weitere Informationen zur Besteuerung von Photovoltaikanlagen fin-
den Sie auf den Internetseiten der Bayerischen Finanzämter (www.finanzamt-bayern.de) unter
der Rubrik Steuerinfos > Weitere Themen > Fotovoltaikanlagen oder > Photovoltaikanlagen. Bei
weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an Ihr zuständiges Finanzamt. Bitte haben Sie Verständ-
nis dafür, dass die Finanzämter nicht im Einzelfall beraten können bzw. dürfen, wie durch die
Wahlrechtsausübung ein möglichst günstiges steuerliches Ergebnis erzielt werden kann. Diese
Aufgabe ist den Angehörigen der steuerberatenden Berufe vorbehalten.
Herausgeber: Bayerisches Landesamt für Steuern
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Corona-Bonus verlängert: Update vom 01. Juni 2021
Bei allen Corona-Maßnahmen verliert man leicht die Übersicht.
Deshalb verweise ich noch einmal auf meine Ausführungen vom November 2020. Dabei hatte ich Sie über die Einführung einer steuer- und sozialversicherungsfreien Sonderzahlung als Corona-Bonus hingewiesen.
Dabei galt noch, dass der Bonus bis zum 31. Dezember 2020 ausgezahlt werden muss. Diese Frist ist nun bis zum 30. Juni 2021 verlängert worden. Es bleibt aber dabei, dass insgesamt 1.500 € in dem Zeitraum zwischen dem 1. März 2021 und dem 30. Juni 2021 steuer- und sozialversicherungsfrei ausgezahlt werden können.
Bitte halten Sie sich Folgendes vor Augen:
Bei einer normalen Sonderzahlung von 1.500 € an einen Ihrer Mitarbeiter kostet Sie das im Regelfall einschließlich Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung zwischen 1.800 € und 1.900 €. Bei Ihrem Mitarbeiter kommt nach Abzug von dessen Sozialversicherung und Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag je nach Steuerprogression nur eine Zahlung von ca. 700 € bis 800 € an.
Wenn Sie diese Sonderzahlung als Corona-Hilfsmaßnahme bis zu einer Höhe von 1.500 € zahlen, ist Ihr Aufwand nur 1.500 € und bei Ihrem Mitarbeiter kommen ebenfalls 1.500 € an. Die Zahlung kommt also 1:1 Ihrem Mitarbeiter zu Gute!
Die Zahlung muss freiwillig zusätzlich zum Gehalt oder Arbeitslohn gezahlt werden. Eine Gehaltsumwandlung ist nicht möglich.
Dieses gilt auch für Mini-Jobber.
Für GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer dürfte dies meines Erachtens aufgrund der Sondervorschriften zur verdeckten Gewinnausschüttung nicht gelten.
Ich rege an, dieses bei Ihren Personalentscheidungen zu berücksichtigen, um bei Ihren Mitarbeitern einen Motivationsschub auszulösen.
Alle Beiträge sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. Aufgrund der teilweise verkürzten Darstellungen und der individuellen Besonderheiten jedes Einzelfalls können und sollen die Ausführungen keine persönliche Beratung ersetzen.
Hannover, im Februar 2021
Joachim Siegmund
Steuerberater
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Keine Steuerermäßigung für die Reinigung einer Straße und Werkstattarbeiten
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 13.05.2020 – VI R 4/18 entschieden, dass die Reinigung der Fahrbahn einer öffentlichen Straße nicht als haushaltsnahe Dienstleistung
und Handwerkerleistungen, die in einer Werkstatt erbracht werden, nicht nach § 35a EStG begünstigt sind.
Anders als zuvor das Finanzgericht, bestätigte der BFH die ablehnende Rechtsauffassung des Finanzamts.
Die Tarifermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und ebenso für Handwerkerleistungen setze voraus, dass diese im Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt oder erbracht werden.
Eine haushaltsnahe Dienstleistung erfordere eine Tätigkeit, die üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht, in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werde und dem Haushalt diene.
Dies sei, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung, für die Regelung eines Gehweges noch zu bejahen.
Die Reinigung einer Straße könne aber nicht mehr als hauswirtschaftliche Verrichtung angesehen werden, die den geforderten engen Haushaltsbezug aufweise.
Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen seien ebenfalls nur begünstigt, wenn sie in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt würden.
In der Werkstatt des Handwerkers erbrachte Leistung würde zwar für den Haushalt, aber nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht.
Die Arbeitskosten des Handwerkers seien daher ggf. im Wege der Schätzung in einen nicht begünstigten „Werkstattlohn“ und in einen begünstigten „vor Ort Lohn“ aufzuteilen.
Quelle: Pressemitteilung des BFH vom 19.November 2020Alle Beiträge sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. Aufgrund der teilweise verkürzten Darstellungen und der individuellen Besonderheiten jedes Einzelfalls können und sollen die Ausführungen keine persönliche Beratung ersetzen.
Hannover, im Dezember 2020Joachim Siegmund
Steuerberater
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Steuer- und sozialversicherungsfreie Sonderzahlung als Corona-Bonus
Bei allen Corona-Maßnahmen verliert man leicht die Übersicht.
Deshalb weise ich Sie heute auf eine meines Erachtens wichtige und richtige Vorschrift noch einmal hin. Sie können Ihren Arbeitnehmern aufgrund der Corona-Krise Zuschüsse und Unterstützungen bis zu einem Betrag in Höhe von 1.500 € bis 31.12.2020 steuer- und sozialversicherungsfrei auszahlen.
Bitte halten Sie sich Folgendes vor Augen:
Bei einer normalen Sonderzahlung von 1.500 € an einen Ihrer Mitarbeiter kostet Sie das im Regelfall einschließlich Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung zwischen 1.800 € und 1.900 €. Bei Ihrem Mitarbeiter kommt nach Abzug von dessen Sozialversicherung und Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag je nach Steuerprogression nur eine Zahlung von ca. 700 € bis 800 € an.Wenn Sie diese Sonderzahlung als Corona-Hilfsmaßnahme bis zu einer Höhe von 1.500 € zahlen, ist Ihr Aufwand nur 1.500 € und bei Ihrem Mitarbeiter kommen ebenfalls 1.500 € an. Die Zahlung kommt also 1:1 Ihrem Mitarbeiter zu Gute!
Die Zahlung muss freiwillig zusätzlich zum Gehalt oder Arbeitslohn gezahlt werden. Eine Gehaltsumwandlung ist nicht möglich.Dieses gilt auch für Mini-Jobber.
Für GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer dürfte dies meines Erachtens aufgrund der Sondervorschriften zur verdeckten Gewinnausschüttung nicht gelten.
Ich rege an, dieses bei Ihren Personalentscheidungen zu berücksichtigen, um bei Ihren Mitarbeitern einen Motivationsschub auszulösen.Alle Beiträge sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. Aufgrund der teilweise verkürzten Darstellungen und der individuellen Besonderheiten jedes Einzelfalls können und sollen die Ausführungen keine persönliche Beratung ersetzen.
Hannover, im November 2020
Joachim Siegmund
Steuerberater -
Pendlerpauschale bei Hin- und Rückweg an unterschiedlichen Arbeitstagen
Die Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gilt arbeitstäglich als ein Hin- und Rückweg. Legt ein Arbeitnehmer an einem Arbeitstag nur einen dieser Wege zurück, ist für den betreffenden Arbeitstag nur die Hälfte der Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12.02.2020 – VI R 42/17 entschieden hat.
Der Kläger suchte regelmäßig arbeitstäglich seinen Arbeitsplatz auf und kehrte noch am selben Tag von dort nach Hause zurück. Vereinzelt erfolgte die Rückkehr nach Hause jedoch erst an einem der nachfolgenden Arbeitstage. Der Kläger machte auch in diesen Fällen sowohl für die Hin- als auch die Rückfahrt die vollständige Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend. Damit hatte er jedoch weder beim Finanzgericht noch beim BFH Erfolg.
Zur Abgeltung der Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale von 0,30 € für jeden Entfernungskilometer anzusetzen. Die Entfernungspauschale gilt für den Hin- und den Rückweg von der Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte. Legt ein Arbeitnehmer die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte an unterschiedlichen Arbeitstagen zurück, kann er die Entfernungspauschale für den jeweiligen Arbeitstag folglich nur zur Hälfte, also in Höhe von 0,15 € pro Entfernungskilometer, geltend machen.
Bitte sprechen Sie uns an.
Quelle:
Pressemitteilung Bundesfinanzhof, Urteil VI R 42/17 vom 12.02.2020
Alle Beiträge sind nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. Aufgrund der teilweise verkürzten Darstellungen und der individuellen Besonderheiten jedes Einzelfalls können und sollen die Ausführungen keine persönliche Beratung ersetzen.
Hannover, im Juli 2020
Joachim Siegmund
Steuerberater
Einkommensteuer / Lohnsteuer / V + V
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Unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch das Finanzamt
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 12.07.2022 – VIII R 8/19 entschieden, dass eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung als sog. Flankenschutzprüfer zur Überprüfung der Angaben der Steuerpflichtigen zu einem häuslichen Arbeitszimmer rechtswidrig ist, wenn die Steuerpflichtige bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt.
Eine selbständige Unternehmensberaterin machte in ihrer Einkommensteuererklärung erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Auf Nachfrage des Finanzamts (FA) reichte sie eine Skizze der Wohnung ein, die der Sachbearbeiter des FA aber für klärungsbedürftig hielt. Er bat den Flankenschutzprüfer um Besichtigung der Wohnung. Dieser erschien unangekündigt an der Wohnungstür der Steuerpflichtigen, wies sich als Steuerfahnder aus und betrat unter Hinweis auf die Überprüfung im Besteuerungsverfahren die Wohnung. Die Steuerpflichtige hat der Besichtigung nicht widersprochen.
Der BFH urteilte, dass die Besichtigung rechtswidrig war. Zur Überprüfung der Angaben zum häuslichen Arbeitszimmers im Besteuerungsverfahren ist angesichts des in Art. 13 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verbürgten Schutzes der Unverletzlichkeit der Wohnung eine Besichtigung in der Wohnung eines mitwirkungsbereiten Steuerpflichtigen erst dann erforderlich, wenn die Unklarheiten durch weitere Auskünfte oder andere Beweismittel (z.B. Fotografien) nicht mehr sachgerecht aufgeklärt werden können. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerpflichtige – so wie im Streitfall – der Besichtigung zugestimmt hat und deshalb ein schwerer Grundrechtseingriff nicht vorliegt.
Wie der BFH weiter ausführte, war die Ermittlungsmaßnahme auch deshalb rechtswidrig, weil sie von einem Steuerfahnder und nicht von einem Mitarbeiter der Veranlagungsstelle durchgeführt wurde. Denn das persönliche Ansehen des Steuerpflichtigen kann dadurch gefährdet werden, dass zufällig anwesende Dritte (z.B. Besucher oder Nachbarn) glauben, dass beim Steuerpflichtigen strafrechtlich ermittelt wird.
Quelle: Bundesfinanzhof, VIII-R-8/19
Pressemitteilung vom 29.09.2022
Hannover, 30. September 2022
Joachim Siegmund
Steuerberater
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