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Das häusliche Arbeitszimmer bei Selbständigen: Fluch oder Segen?
Grundsatz:
Wenn der Selbständige seine Tätigkeit im Zeitalter der Digitalisierung bzw. als Existenzgründer im Homeoffice erledigt, hat er die Möglichkeit, die anfallenden Kosten als Betriebsausgaben geltend zu machen. Zunächst ist zu prüfen, ob der beruflich/betrieblich genutzte Raum begrifflich überhaupt ein „häusliches Arbeitszimmer“ sein kann, denn nur dann gelten die Abzugsbeschränkungen im EStG. Diese Prüfungsreihenfolge wird in der Praxis oft nicht eingehalten. Viele gehen vorrangig von einem häuslichen Arbeitszimmer aus und begeben sich damit ggf. vorab ins falsche Fahrwasser. Wenn ein Raum seiner Ausstattung und Funktion nach nicht einem häuslichen Arbeitszimmer entspricht, ist dies aus steuerlichen Gesichtspunkten ggf. sogar vorteilhaft. Wenn der Raum z. B. als Betriebsraum zu qualifizieren ist (wie etwa ein Lager, Werkstattraum, Ausstellungsraum), können die Raumkosten steuerlich stets in voller Höhe abgezogen werden – unerheblich ist dann, wo sich der Tätigkeitsmittelpunkt befindet und ob ein Alternativarbeitsplatz zur Verfügung steht. Wenn das Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers grundsätzlich zu bejahen ist, muss geprüft werden, in welcher Höhe die Raumkosten steuerlich abzugsfähig sind. Liegt der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen/beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer, sind die Kosten in voller Höhe abzugsfähig. Ist die Voraussetzung nicht erfüllt, können Kosten bis zu 1.250 € steuerlich geltend gemacht werden, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Steuerfalle Betriebsvermögen (bei Eigentum oder Miteigentum der Immobilie)
Abschließend ist bei einem Selbständigen abzuwägen, ob es aus steuerrechtlichen Gründen tatsächlich vorteilhaft ist, Kosten für die Tätigkeit geltend zu machen, da der betrieblich genutzte Raum in der Regel zum notwendigen Betriebsvermögen gehört (Ausnahme: untergeordnete Bedeutung). Durch die hohen Grundstückspreise dürfte diese Ausnahmeregelung in der Praxis nur noch in sehr wenigen Fällen zur Anwendung kommen. Es erfolgt eine Steuerverhaftung der privaten Immobilie, welche bei Aufgabe der Selbständigkeit zu enormen steuerlichen Belastungen führen kann.
Der steuerliche Ansatz kann daher ein Fluch oder ein Segen sein.
Hinweis:
Möchte der Unternehmer vermeiden, dass sein betrieblich genutztes Arbeitszimmer Betriebsvermögen wird und damit zukünftig gebildete stille Reserven steuerverhaftet werden, kann der Unternehmer das Arbeitszimmer bewusst privat nutzen, um eine Zuordnung zum notwenigen Betriebsvermögen zu vermeiden.
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Der Beitrag ist nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. Aufgrund der teilweise verkürzten Darstellungen und der individuellen Besonderheiten jedes Einzelfalls können und sollen die Ausführungen zudem keine persönliche Beratung ersetzen.
Hannover, im Oktober 2022
Joachim Siegmund
Steuerberater
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